Seit 2013 Dolcetto-Reben im Pfälzer Weinberg des Weingut Dollt
i24: Sie bieten seit einigen Jahren einen Rotwein der Dolcetto-Traube an. Diese Traube wird eigentlich eher in wärmeren Regionen wie Italien angebaut. Wie sind Sie in der Pfalz darauf gekommen, die Dolcetto Traube anzubauen?
Thomas Dollt: Wir haben uns mit unserem Weingut ein bisschen auf den Anbau von internationalen Rebsorten spezialisiert. Angefangen hat alles im Jahr 2006 nach meinem Ausland-Semester im Weinviertel/Österreich. Dort lernte ich den Grünen Veltliner kennen und habe sofort beschlossen diese Rebsorte im eigenen Weingut anzubauen. Hier waren wir die Pioniere des Anbaus in der Pfalz.
In der Zwischenzeit kamen noch Alvarinho, Fernao Pires und Tinta Barocca hinzu. Und natürlich der Dolcetto. Ich liebe piemontesische Weine. Und als ich im Jahr 2013 einen Dornfelderweinberg rodete, wollte ich diesen mit einer internationalen Rotwein-Sorte bestocken. Beim Anbau von internationalen Rebsorten muss man jedoch unbedingt auf deren Reifezeitpunkt achten. Dolcetto gilt in Italien als frühreif. Pflanzt man diesen aber in unsere Breiten, dann reift er (nach Ertragsreduzierung) wie Spätburgunder. Also wird er eigentlich immer reif. Nebbiolo, die bekanntere piemontesische Rotweinsorte, reift in Italien spät. Selbst die geänderten klimatischen Bedingung in der Pfalz reichen meines Erachtens nicht aus, um vollreife Nebbiolo-Trauben für einen guten Wein zu erzeugen. Es gibt einfach Sorten die brauchen kontinuierliche Hitze.
Somit liegt unser Fokus weniger auf namhaften Sorten, sondern auf spannenden Sorten die jedes Jahr auch reif werden. Ausserdem ist es wichtig, sich mit der Traubenstruktur der Sorten zu beschäftigen. Die "neuen" Sorten sollten lockerbeerig sein. Somit sind sie von Natur aus weniger anfällig gegen Traubenfäulnis und man hat mehr Zeit die Trauben optimal ausreifen zu lassen. Da die Traubenreife heute ca. 4 Wochen früher beginnt, als noch in den 80-90er Jahren, liegt sie mittlerweile im August. Im August ist es oft noch sehr warm. Kommt es dann zu einer längeren Regenperiode, beginnen Sorten mit einer kompakten Traubenstrukt sehr schnell an zu faulen. Dolcetto ist sehr lockerbeerig und diesbezüglich ebenfalls interessant. In Deutschland werden schon seit längerer Zeit französische Rebsorten wie Merlot und Cabernet Sauvignon angebaut. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass das französische Klima eher unseren Bedingungen ähnelt, als das heiße Klima Italiens. Somit waren/sind diese Sorten bevorzugt angebaut worden.
Aber gerade Cabernet Sauvignon- oder auch Merlot-Weine haben oft grünliche Noten von Paprika, oder grünen Bohnen. Das verstärkt, wenn die Trauben nicht richtig reif wurden. Hiervon bin ich kein Fan. Die italiänischen Rotweinsorten haben das nicht. Sie sind eleganter, blumiger und richtige Charmeure. Gerade der Dolcetto ist hier in besonderer Weise auffällig. Typisch für Dolcetto ist der elegante Duft nach Amaretto (Bittermandel), Kirschen und Pflaumen. Man schnuppert ins Glas und man riecht buchstäblich Italien. Dieses Aroma kennt man nicht bei deutschen Weinen nicht und das macht diese Rebsorte so spannend.
Veränderte Techniken, um trotz steigender Temperaturen die Typizität der deutschen Weißweine zu erhalten
i24: Glaube Sie, dass sich durch den Klimawandel der Anbau von Rebsorten verändern wird und das in den Anbaugebieten vermehrt neue Rebsorten angebaut werden?
Thomas Dollt: Der Klimawandel eröffnet uns Winzer neue Möglichkeiten. Gleichzeitig sorgt er aber auch dafür, dass bestimmte Rebsorten für den hiesigen Anbau ungeeigneter werden ( Morio-Muskat, Portugieser, Huxelrebe etc.). Da die Weinrebe aber eine mehrjährige Kulturpflanze, mit tiefgehenden Wurzeln ist, bringt uns der Klimawandel eher Vorteile als Nachteile. Wir können auch kulturtechnisch (Erziehungssystem, Pflanzdichte, Stockertrag) oder mit der Auswahl der Unterlage (Wurzeln) bei der Neuanpflanzung sehr gut auf veränderte Bedingungen reagieren. Deshalb ist der Weinbau nicht so stark betroffen wie z.B. der Getreideanbau.
Der Klimawandel wird nicht dazu führen, dass z.B. der Riesling verschwindet. Ja, es werden verstärkt internationale Rebsorten gepflanzt, aber es wird nicht zu einem kompletten Rebsortenwechsel kommen. In dieser Logik müssten das Bordeaux den Cabernet Sauvignon roden und spanischen Tempranillo pflanzen, das Burgund anstatt Spätburgunder Cabernet-Sauvignon und wir den Riesling durch Chardonnay ersetzen. Für die französischen Kollegen wäre das Plasphemie ... ;-) Hierzu wird es nicht kommen.
Vielmehr ist es wichtig über kulturtechnische Maßnahmen, wie z.B. Humusaufbau im Boden, standort- und sortenangepasste Erträge und den durch den richtigen Lesezeitpunkt, die Trauben bei optimaler Reife zu ernten. Wir müssen bestimmte, heimische Sorten einfach früher ernten, damit sie nicht überreif werden. Sonst erhält man breite, säurearme und alkoholisch-schmeckende Weine.
Außerdem muss man wissen, dass viele südeuropäische Sorten eigentlich Massenträger sind. Unter ariden Bedingungen (trocken, heiß, karger Boden) bringen Sie moderate Erträge. Pflanzt man diese aber auf unsere fruchtbaren Böden, bei doppeltem Niederschlag, bringen diese Rebsorten sehr hohe Erträge. Diese muss man bei uns zwangsläufig reduzieren, damit man eine vernünftige Weinqualität erhält. Das ist Arbeit. Wenn man also solche Sorten pflanzt, muss man wissen, auf was man sich einlässt. Davor schrecken viele Winzer zurück, da solche Sorten eher Nieschenprodukte sind (kein großer Markt) und sie den Mehraufwand somit nicht bezahlt bekommen. Deshalb wird es nicht zu einem großflächigen Anbau solcher Sorten kommen. Fazit: Internationale Rebsorten sind etwas besonderes, benötigen aber auch viel Aufmerksamkeit im Weinberg.
Vielen Dank an Thomas Dollt für das Gespräch.
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Thomas Dollt Foto: Melanie Humbach
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