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Leben / Gesellschaft

Pro Wein 2023: Gespräche unter anderem über
Rebsorten und Klimawandel


Die Pro Wein in Düsseldorf ist die internationale Fachmesse für Weine und Spirituosen. Wir haben auf der Messe mit Ernst Büscher, dem Ressortleiter Presse beim Deutsches Weininstitut (DWI) und mit Mirco Burkardt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr eG, jeweils ein Interview geführt und Fragen über den Weinanbau in Deutschland, Rebsorten, Investoren, sowie dem Klimawandel besprochen.

Der Riesling ist weiterhin die dominierende Rebsorte im deutschen Weinanbau

i24: Welche Rebsorte ist bei den deutschen Weintrinkern am beliebtesten und spielt beim Weinanbau in Deutschland die größte Bedeutung?

Ernst Büscher: Die hierzulande am häufigsten eingekaufte und von den Winzerinnen und Winzern am meisten angebaute Rebsorte ist der Riesling. Mit einer Anbaufläche von über 24.000 Hektar wächst er auf rund einem Viertel der bundesweiten Rebfläche. Damit entfallen etwa 40 Prozent des weltweiten Rieslinganbaus auf Deutschland. Er hat bei uns eine sehr lange Tradition, die weit über 500 Jahre zurückreicht.


i24: Wahrscheinlich sind die meisten deutschen Winzerbetriebe im Familienbesitz. Gibt es in Deutschland ähnlich wie in Frankreich oder anderen Ländern die Tendenz, das ausländische Investoren Interesse am Kauf von Weingütern haben?

Ernst Büscher: Dank des deutlich gestiegenen Images deutscher Weine wächst auch das Interesse von Geldgebern, hierzulande in Weingüter zu investieren. Sie stammen allerdings zum überwiegenden Teil aus Deutschland. Bezogen auf die rund 7.000 Flaschenwein vermarktenden Betriebe ist der Anteil von investorgeführten Weingütern jedoch sehr gering.


i24: Welche Veränderungen wird der Klimawandel auf den Weinanbau haben? Könnte dies eine Veränderung beim Anbau der Rebsorten haben?

Ernst Büscher: Die deutschen Weinerzeuger sind im Großen und Ganzen noch Gewinner des Klimawandels. Aufgrund der zunehmenden Erwärmung erreichen die Trauben heute höhere Reifegrade als etwa in den 60er und 70er Jahren, was zu besseren Weinqualitäten geführt hat. Es ist zwischenzeitlich sogar möglich, südländische Rebsorten, wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Shiraz/Syrah bzw. im Weißweinbereich Viognier anzubauen. Diese Sorten machen bis dato allerdings erst etwas mehr als ein Prozent der deutschen Rebfläche aus, weil die Erzeuger zunächst nur kleine Flächen damit anlegen, um Erfahrungen mit ihnen zu sammeln. Ansonsten werden nach wie vor überwiegend traditionelle Sorten angepflanzt. Der Trend geht allerdings auch zu neuen, nachhaltigen Rebsorten, die nur noch wenig Pflanzenschutz benötigen.

Veränderte Techniken, um trotz steigender Temperaturen die Typizität der deutschen Weißweine zu erhalten

i24: Wird sich der Geschmack der Weine in Deutschland aufgrund höherer Temperaturen, mehr Sonnentagen und weniger Niederschlag verändern?

Ernst Büscher: Bei steigenden Temperaturen könnten die deutschen Weißweine kräftiger und opulenter ausfallen. Die Winzerinnen und Winzer arbeiten jedoch daran, trotz zunehmender Erwärmung die Typizität ihrer Weißweine und insbesondere des Rieslings zu erhalten, indem sie beispielsweise die Kulturführung der Reben im Weinberg ändern. So kann man etwa durch kürzere Laubwände die Zuckereinlagerung in die Trauben verlangsamen oder auch die Trauben einfach früher ernten, um weiterhin frisch-fruchtige Weißweine zu erzeugen. Die deutschen Rotweine dürften vorerst noch von der klimatischen Entwicklung profitieren, insbesondere in Bezug auf ihre Farbausprägung und Fülle.


i24: Wie stehen die deutschen Weine im internationalen Vergleich da. Gibt es einen Markt für die heimischen Erzeugnisse auch außerhalb Deutschlands?

Ernst Büscher: Die deutschen Weine stehen auf Augenhöhe mit allen großen Weinregionen dieser Welt. Beim Riesling sind unsere Erzeuger die Benchmark, an denen sich die Weinwelt misst und deutsche Spätburgunder gelten mittlerweile als gleichwertiger und preisgünstigerer Geheimtipp für diese international beliebte Weinsorte. Im vergangenen Jahr wurden von den rund neun Millionen Hektolitern produziertem Wein 13 Prozent, bzw. 1,2 Millionen Hektoliter, exportiert. Besonders gefragt sind unsere Weine in den USA, den Niederlanden sowie in Norwegen oder auch in China.

Mirco Burkardt: Weinbau ist grundsätzlich mit der Natur zu vereinbaren.

i24: Wird sich duch den Klimawandel der Weinanbau im Ahrtal verändern?

Mirco Burkardt: Es wird sich etwas verändern müssen. Inwiefern dies andere Rebsorten betrifft, ist noch unklar. Es wird ein längerer Prozeß werden. Zudem ist das Thema Wasserversorgung wichtig, denn auch hier kommen andere Rebsorten ins Spiel, die besser mit Trockenheit umgehen können. Man muss aber auch aufpassen bei der Laubarbeit. Wo man früher entblättert hat, damit die Trauben bei Feuchtigkeit schnell abtrocknen und keine Fäulnis entsteht, muss man heute Laub stehen lassen, damit die Sonne nicht so darauf knallt.


i24: Heißt aber auch, dass durch diese Maßnahmen ganz neue Weine entstehen können oder die verstärkte Sonneneinstrahlung den Geschmack beinflusst?

Mirco Burkardt: Absolut. Wobei ich glaube, jedes Anbaugebiet bzw. jedes Weingut hat seine Stilistik und die Natur und die Bearbeitung hat hier immer einen großen Anteil. Weinbau ist grundsätzlich mit der Natur zu vereinbaren. Ganz andere Weine kommen dann wirklich, wenn neue Rebsorten angepflanzt werden müssen. Aber dies kommt nicht von heute auf morgen bzw. innerhalb weniger Jahre.

Historisch gesehen ist der Riesling die Rebsorte an der Ahr

i24: Typisch für den Weinanbau an der Ahr sind die Rotweinsorten, oder?

Mirco Burkardt: Historisch gesehen ist der Riesling die Rebsorte an der Ahr. Wir im Betrieb haben noch relativ viel Riesling. Da kommen wir her. Aber natürlich sind bei uns die roten Rebsorten mittlerweile weit verbreitet.


i24: Für das Ahrtal ist es aber sicher positiv das Image des deutschen Rotweingebietes zu haben?

Mirco Burkardt: Durchaus. Wir sind das größte zusammenhängende Rotwein-Anbaugebiet in Deutschland und haben im Tal ungefähr eine Fläche von 75 bis 80 Prozent Rotwein. In den letzten Jahren sind wir bei den Weinkonsumenten allerdings auf einem Weißwein-Trend. Hier haben wir bei dem Rotwein allerdings das Glück, dass wir den Blanc de Noir machen können. Das wir sozusagen aus den roten Trauben Weißwein erzeugen können. Man muss da halt schon erfinderisch sein.

Neuzüchtungen sind nicht so einfach für den breiten Markt. Die Kunden konsumieren gerne was sie kennen.

i24: Wie experimentierfreudig sind aus Ihrer Sicht die Kunden bei den Rebsorten?

Mirco Burkardt: Die Kunden wissen gerne was sie bekommen. Wenn ich zum Beispiel einen Riesling habe, weiß ich, der hat eine knackige Säure, schöne Frucht in Richtung Pfirsich oder Zitrus - da weiß ich, was ich bekomme. Bei Züchtungen wie Regent oder Solaris kommt das unbekannte hinzu und ich weiß nicht, was hat der Wein für eine Charakteristik. Neuzüchtungen sind somit nicht so einfach für den breiten Markt. Die Kunden konsumieren ganz gerne was sie kennen.


i24: Inwiefern beeinträchtigt die Flutkatastrophe vom Juli 2021 noch den Weinanbau an der Ahr?

Mirco Burkardt: Das größte Problem ist die Infrastruktur. Bei Bahn- und Radwege gibt es weiterhin große Probleme und für die Touristen ist es durch die Schäden noch nicht so attrativ im Tal. Dabei sind viele der Wanderwege wieder begehbar und für die Region ist es natürlich wichtig, dass die Touristen wieder in die Region kommen. Erste Hotels und Restaurants öffnen auch wieder und die Möglichkeiten für die Touristen werden wieder umfangreicher. Ein Besuch des Ahrtals ist also absolut kein Katastrophentourismus.

Vielen Dank an Ernst Büscher und Mirco Burkardt für die Interviews.

Interview24 / April 2023

Deutsches Weininsitut - Ernst Büscher
Ernst Büscher, rechts im Bild, auf der Pro Wein in Düsseldorf. © i24

Winzergenossenschaft Mayshoß-Altenahr - Mirco Burkardt
Die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr eG mit ihrem Stand auf der Pro Wein. © i24

Weingut Heinrichshof - ProWein 2023
Das Weingut Heinrichshof auf der Pro Wein 2023. © i24

ProWein 2023, Düsseldorf
Pro Wein 2023 in Düsseldorf. © i24



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